Geschäftsjahr 2021: Genossenschaftsbanken wachsen im Kundengeschäft deutlich / Hohe Resilienz im bedrückenden Umfeld des Ukraine-Krieges

Frankfurt, 22.03.2022 - Die 772 deutschen Genossenschaftsbanken konnten in einem von vielfältigen Belastungen geprägten Geschäftsjahr 2021 dank eines lebhaften Kundengeschäfts ein solides Ergebnis erwirtschaften. Wachstum bei Krediten, Einlagen und im Vermittlungsgeschäft haben zu einem Jahresüberschuss vor Steuern von 7,7 Milliarden Euro geführt. Auch die Eigenkapitalbasis konnte weiter gestärkt werden, was die Resilienz der Genossenschaftsbanken gegen mögliche wirtschaftliche Belastungen weiter erhöht.

"Es fällt schwer, angesichts des Krieges die eigenen wirtschaftlichen Erfolge des Geschäftsjahres 2021 hervorzuheben“, sagt Marija Kolak, Präsidentin des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR). Die wirtschaftliche Betroffenheit in Deutschland zu erörtern, könne nur ein untergeordneter Faktor sein. Dennoch sei der Hinweis angebracht, dass die unmittelbaren Folgen für die Genossenschaftsbanken sehr überschaubar seien.

Mit Blick auf die Auswirkungen des Ukraine-Krieges auf die Volkswirtschaft rechnet der BVR in diesem Jahr infolge der stark gestiegenen Rohstoff- und Energiepreise mit einem Anstieg der Verbraucherpreise in Deutschland um rund 5 Prozent im Jahresdurchschnitt und einem realen Wirtschaftswachstum von rund 2 Prozent. Kolak: „Mit einem Abschied von den Minuszinsen noch in diesem Jahr würde die Europäische Zentralbank zeigen, dass sie der hohen Inflation entschlossen entgegentritt.“ Die Frage solle nur noch sein wann und nicht ob.

"Die durch die Russland-Sanktionen unverschuldet in wirtschaftliche Schwierigkeiten geratenen Firmen sollten zeitnah staatliche Hilfe erhalten“, fordert die BVR-Präsidentin. Diese könne – ähnlich wie bei der Coronakrise – mit Förderkreditprogrammen der Förderkreditinstitute des Bundes und der Länder geschehen.

Im abgelaufenen Geschäftsjahr konnten die Genossenschaftsbanken über alle Kundengruppen hinweg ihre Kreditbestände um 6,9 Prozent auf 710 Milliarden Euro erhöhen. Der Marktanteil legte um 0,3 Prozentpunkte auf 17,9 Prozent zu. Im Segment der Privatkunden erhöhten sich die Kredite um 6 Prozent auf 341 Milliarden Euro. Der Marktanteil legte um 0,1 Prozentpunkte auf 23,8 Prozent zu. Der Bestand an Firmenkundenkrediten (einschließlich sonstiger Kunden) stieg um 7,6 Prozent auf 370 Milliarden Euro. Der Marktanteil wuchs hier sogar deutlicher um 0,5 Prozentpunkte auf 22 Prozent.

Auf der Einlagenseite verzeichneten die Institute ebenfalls eine deutliche Zunahme im Vergleich zum Vorjahr. Die Kundeneinlagen wuchsen um 5,4 Prozent auf 833 Milliarden Euro. Der Marktanteil stieg um 0,4 Prozentpunkte auf 19,5 Prozent.

Der Zinsüberschuss wuchs trotz des niedrigen Zinsumfeldes um 3 Prozent auf 16,5 Milliarden Euro. Der Provisionsüberschuss stieg um 5,7 Prozent auf 6 Milliarden Euro. Neben dem Zahlungsverkehr hat sich vor allem das Vermittlungsgeschäft mit den Unternehmen der genossenschaftlichen FinanzGruppe beachtlich entwickelt. Die Provisionserträge aus dem Verbundgeschäft stiegen im Jahr 2021 um 15,6 Prozent auf 2,8 Milliarden Euro. Die rege Nachfrage nach Wertpapieranlagen, insbesondere nach Fondssparplänen der Union Investment, führte zu einem Anstieg der verwahrten Wertpapierbestände bei den Genossenschaftsbanken um 20,7 Prozent. Auch die Anzahl der geführten Depots stieg um 5,4 Prozent auf insgesamt 6,6 Millionen.

Die allgemeinen Verwaltungsaufwendungen stiegen im Jahr 2021 um 0,4 Prozent auf 15 Milliarden Euro. Dabei blieb der Personalaufwand mit 8,5 Milliarden Euro unverändert. Die Aufwands-Ertrags-Relation im engeren Sinne (Cost-Income-Ratio) verbesserte sich deutlich auf 66,5 Prozent nach 68,7 Prozent im Jahr 2020.

Das Teilbetriebsergebnis hat sich im Jahr 2021 um 11 Prozent auf 7,5 Milliarden Euro erhöht. Das Betriebsergebnis nach Bewertung stieg um 20,2 Prozent auf 7,9 Milliarden Euro. Der Jahresüberschuss vor Steuern legte um 20,4 Prozent auf 7,7 Milliarden Euro zu. Die Steuern vom Einkommen und Ertrag haben 2,2 Milliarden Euro betragen. Dem Fonds für allgemeine Bankrisiken wurden voraussichtlich 3,5 Milliarden Euro zugeführt. Nach Steuern bleibt damit ein Jahresüberschuss von 1,9 Milliarden Euro.

Die Eigenkapitalausstattung der Genossenschaftsbanken ist weiterhin solide. Die regulatorischen Eigenmittel stiegen um 4,1 Milliarden Euro auf 102,5 Milliarden Euro. Das Kernkapital wuchs um 5,1 Milliarden Euro auf 92,9 Milliarden Euro. Die Kernkapitalquote sank aufgrund der starken Kreditausweitung leicht um 0,34 Prozentpunkte auf 15 Prozent. Die Gesamtkapitalquote betrug Ende 2021 16,6 Prozent, womit die regulatorischen Anforderungen deutlich übertroffen werden.

Die addierte Bilanzsumme der Genossenschaftsbanken erhöhte sich im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 6,5 Prozent auf 1.145 Milliarden Euro. Die durchschnittliche Bilanzsumme je Institut liegt aktuell bei gut 1,5 Milliarden Euro.

Stabilität wichtiger denn je – Überlegungen zu EDIS fehl am Platz
Die bestehende Europäische Bankenunion sei das Fundament, das gerade in der aktuellen Zeit die Stabilität der Banken sichert, so der BVR. Das bestehende System der Einlegerentschädigung in der Europäischen Union (EU) sei effektiv, störungsfrei und wirksam. Daher dürfe der Fokus bei den fortschreitenden Überlegungen zu einer Weiterentwicklung der Bankenunion nicht mehr bei einer Vergemeinschaftung der nationalen Einlagensicherungssysteme (EDIS) liegen. Wichtig sei insbesondere, die mit der Pandemie und dem Ukraine-Krieg weiter zunehmenden Risiken europäischer Banken deutlich zu reduzieren. "Es wird nun Aufgabe der Koalition sein, ihre Haltung im Rahmen der weiteren Verhandlungen in der EU konsequent einzubringen", so Kolak.

Nachhaltigkeit in allen Dimensionen
Aufgrund ihrer genossenschaftlichen Werte sehen sich die deutschen Genossenschaftsbanken in einer besonderen Verantwortung für Nachhaltigkeit in allen Dimensionen: Environment, Social und Governance. "Die individuellen Wünsche der Kunden zur Nachhaltigkeit im Rahmen der Anlageberatung zu berücksichtigen, sehen unsere Institute nicht als Pflicht, sondern als gemeinsame Chance der Gestaltung“, erläutert Kolak, warnt aber auch vor einem „zu viel“ an regulatorischen Vorgaben: „Es ist zweifelhaft, ob ein Kunde die nach Sustainable Finance Offenlegungsverordnung, Taxonomie und MiFID bereitzustellenden Produktinformationen überhaupt verarbeiten kann.“ Das konterkariere zum Teil das nachvollziehbare und unterstützenswerte Ziel, für Kunden mehr Transparenz zu schaffen.