Berlin, 18.10.2023 - Den heutigen Beschluss des Rats der Europäischen Zentralbank (EZB), ihr Projekt zur Entwicklung eines digitalen Euro in eine Vorbereitungsphase zu überführen, betrachtet die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) positiv. „Ein richtig gestalteter digitaler Euro kann Mehrwerte für Wirtschaft und Gesellschaft bieten. Er kann die europäische Souveränität im Zahlungsverkehr erhöhen, die Innovationsfähigkeit unterstützen und – zum Beispiel durch eine Offline-Funktionalität – die Funktionsfähigkeit des Zahlungsverkehrs auch in Krisensituationen stärken“, sagt Tanja Müller-Ziegler, Vorstandsmitglied des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR), federführend für die DK.
„Der digitale Euro darf nicht übereilt eingeführt werden. Negative Auswirkungen auf Wirtschaft und Gesellschaft müssen vermieden und der digitale Euro in der Bevölkerung breit akzeptiert werden. Daher ist es wichtig, dass die EZB und Politik sich ausreichend Zeit für die demokratische Auseinandersetzung mit dem Thema nehmen“, so Müller-Ziegler weiter. Insbesondere sollte die EZB in der Fortsetzung der Vorbereitungsphase auch den gesetzgeberischen Rahmen berücksichtigen und keine vollendeten Tatsachen schaffen. Es sei zudem richtig, dass sich die EZB eindeutig gegen eine Abschaffung des Bargelds ausgesprochen hat. Der digitale Euro wird damit eine digitale Ergänzung, und keinen Ersatz des bestehenden Bargelds darstellen.
Der erst langsam beginnende gesellschaftliche und politische Diskurs zwischen EZB und den Stakeholdern zeige, dass die Konsequenzen der verschiedenen Gestaltungsoptionen eines digitalen Euro derzeit noch nicht ausreichend geklärt seien. Entscheidungen über die Einführung eines digitalen Euro sowie dessen Ausgestaltung müssen jedoch zwingend auf Basis von umfangreichen und gut informierten Debatten getroffen und im politischen Prozess legitimiert werden. Die von der EZB nunmehr gestartete Vorbereitungsphase könne dies unterstützen, indem sie eine offene Reflexion der bisherigen Ergebnisse des EZB-Projektes ermögliche, Revisionen bisheriger Planungen zulasse und noch mehr in Einklang mit den Bedürfnissen der verschiedenen privaten und öffentlichen Stakeholder gebracht würde.
Wesentlich sei der Blick auf die Risiken. „Auf keinen Fall dürfen Risiken für die Finanzmarktstabilität und die Kreditvergabefähigkeit von Kreditinstituten entstehen“, so Müller-Ziegler. Ein schlecht gemachter digitaler Euro hätte die Folge gravierender Abflüsse von Einlagen, die die Refinanzierungsfähigkeit der Banken gefährden und die Finanzierungskosten für die Volkswirtschaft erhöhen würde. Ebenso könnte dies zur Gefährdung der Stabilität der Banken führen. Daher hält die Deutsche Kreditwirtschaft eine quantitative Auswirkungsanalyse für verschiedene Ausgestaltungsmöglichkeiten des digitalen Euro für zwingend erforderlich.
Die EZB plant nach den jetzigen Vorstellungen die Einführung eines neuen staatlichen Zahlungsverkehrssystems und damit einen fundamentalen Eingriff in den Markt. Die Rollenverteilung zwischen Staat und Privatwirtschaft sowie zwischen Zentralbank und Geschäftsbanken würde durch die Einführung eines von der EZB betriebenen neuen Zahlungssystems in Frage gestellt, was grundlegende ordnungspolitische Fragen aufwerfe und über das Mandat der EZB hinausginge.
Ein digitaler Euro kann nur dann Mehrwerte für Europa stiften, wenn er angemessen gestaltet wird. Aus Sicht der Deutschen Kreditwirtschaft würde dies durch eine digitale Form des Bargelds am besten erreicht. „Der digitale Euro sollte als digitales Pendant zu Bargeld dessen Eigenschaften in die digitale Welt überführen und sich im Sinne eines neuen Zahlungsmittels in die bestehende Landschaft innovativer und effizienter Zahlungsverkehrslösungen der Privatwirtschaft integrieren lassen“, sagt Müller-Ziegler. Zudem müsse für den digitalen Euro ein gesetzlich verankertes Haltelimit im unteren dreistelligen Euro-Bereich gelten, um Risiken für die Finanzstabilität zu verhindern.