BVR: Tür ist offen für erste EZB-Leitzinssenkung im Juni, Geldpolitik muss aber vorsichtig bleiben

Berlin, 09.04.2024 - Die Tür ist offen für eine erste Zinssenkung der Europäischen Zentralbank (EZB) auf der kommenden Ratssitzung am 11. Juni. Zu dieser Einschätzung kommt der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) in seinem aktuellen Konjunkturbericht. BVR-Chefvolkswirt Dr. Andreas Bley: "Die Inflation ist deutlich gesunken und das EZB-Ziel von 2 Prozent ist bereits in Sicht. Damit kann die Geldpolitik eine erste Zinssenkung im Juni wagen." Der BVR erwartet dann eine Senkung des für den Geldmarkt wichtigen Einlagesatzes von 4,00 Prozent auf 3,75 Prozent. Doch bleiben die Unsicherheiten hoch. Die Energiepreise steigen aktuell wieder an und die Löhne wachsen kräftig. Daher sollte die EZB jeden weiteren Zinsschritt von der Datenlage abhängig machen.

"Der geldpolitische Abstieg findet in schwierigem Gelände statt. Die EZB sollte deutlich machen, dass Vorsicht wichtiger ist als Geschwindigkeit. Weitere Lockerungen sollten verschoben werden, wenn die Datenlage zu unsicher ist", so Bley.Die Inflation ist im Euroraum deutlich zurückgegangen und lag im März, gemessen am Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) bei 2,4 Prozent. Im Februar hatte sie noch bei 2,6 Prozent und im Januar bei 2,8 Prozent gelegen. Die Inflation könnte bei einem günstigen Verlauf schon im Sommerquartal die geldpolitische Zielmarke von 2 Prozent erreichen. Doch darf der aktuelle Inflationstrend nicht einfach fortgeschrieben werden. In den kommenden Quartalen fällt der entlastende Effekt vergangener Energiepreissenkungen weg. Stattdessen könnten von den Energiepreisen aufgrund des Nahostkonflikts künftig auch wieder neue Inflationsrisiken ausgehen.

Ebenfalls unsicher ist die weitere Entwicklung der Löhne, Gewinnmargen und der Produktivität. Aktuell erwartet die EZB, dass die Lohnsteigerungen weiter zurückgehen und die Unternehmen diese nur eingeschränkt in Form höherer Preise an die Kunden weitergehen. Gleichzeitig rechnet die Notenbank mit einer steigenden Arbeitsproduktivität im Rahmen der konjunkturellen Erholung des Euroraums, die sich ebenfalls inflationsdämpfend auswirken würde. Sollten sich die Wirtschaftszahlen anders als von der EZB erwartet entwickeln, sollte sie aus Sicht des BVR weitere Zinssenkungen so lange aussetzen, bis sich die Inflationsrisiken weiter entspannen.